Argumente
Argumente zur Wiedereinführung der Bogenjagd in Österreich
Pfeil und Bogen als Jagdwaffe
Der Jagdpfeil, bestückt mit einer rasiermesserscharfen Jagdspitze, kann auch als eine „Blankwaffe“ angesehen werden. Blankwaffen unterliegen zurzeit wenigen Beschränkungen im jagdlichen Einsatz. Richtigerweise werden sie gezielt und sachgerecht in der Jagdausübung noch immer eingesetzt. Man muss auch auf die Tatsache hinweisen, dass nicht der Bogen die Jagdwaffe an sich ist, sondern einzig und allein der Jagdpfeil mit der Jagdspitze.
Ein normaler, für den sportlichen Einsatz üblicher Scheibenpfeil ist für die Jagd absolut ungeeignet und in allen Ländern in denen die Bogenjagd zugelassen ist jagdlich verboten. Analog zur Büchsenjagd muss es aber gesetzlich vorgeschriebene Grenzwerte bezüglich Zuggewicht des Jagdbogens und Beschaffenheit der Jagdspitzen geben.
Argumente aus jagdethischer Sicht
Effektivität der Jagdwaffe Pfeil und Bogen
Der Jagdpfeil tötet bei Kammerschüssen innerhalb von Sekunden durch Unterbindung der Sauerstoffzufuhr wegen des starken Blutverlustes und/oder durch das Versagen des respiratorischen Systems (Blutdruckabfall führt zu Ohnmacht und in der Folge zum Exitus). Bei Schüssen in die Wirbelsäule/Gehirn wird das Wild augenblicklich gelähmt. Damit unterscheidet sich der Jagdpfeil in seiner finalen Wirkung unwesentlich von der Wirkung eines Jagdprojektils aus einer Feuerwaffe. Letzteres erreicht diese Wirkung jedoch durch ein sich zerlegendes oder formveränderndes Geschoss und die mit der Energieabgabe im Wildkörper verbundenen Gewebezerstörungen aufgrund von Druckwellen. Demgegenüber erzeugt der Jagdpfeil einen mehrere cm breiten und stark schweißenden Wundkanal mittels der rasiermesserscharfen Schneiden der Jagdspitze.
Es gibt wahrscheinlich weltweit kein jagdbares Wild, das nicht in den letzten Jahrzehnten weidgerecht mit Pfeil und Bogen zur Strecke gebracht wurde. Die Auftreffenergie eines bis zu 40 Gramm schweren Jagdpfeiles ist ausreichend groß und führt in der Mehrzahl der Jagdsituationen auch bei sehr starkem Wild zu einem glatten Durchschuss. Am Anschuss sind dann gute Schusszeichen die Regel, weil moderne Jagdspitzen üblicherweise intensive Schweißfährten erzeugen, was eine unmittelbare Nachsuche selbst ohne Hund erleichtert.
Die erreichbare Präzision moderner Jagdbögen ist auf die üblichen Schussdistanzen als sehr gut zu bezeichnen und genügt problemlos den jagdlichen Anforderungen. Sie bedarf aber einer ständigen Übung um die erforderliche Kraft und Zielruhe zu erhalten.
Tierquälerei
Aus obigen Ausführungen kann gefolgert werden, dass der Jagdpfeil trotz der schnell tötenden Wirkung im Vergleich zur Büchsenkugel nur wenige Nervenzellen verletzt. Geht man davon aus, dass Wild Schmerzen im menschlichen Sinne verspürt, dann korreliert die Schmerzintensität vermutlich mit der Anzahl der verletzten Nervenzellen und der Art der Zerstörung.
Da auch moderne Büchsenprojektile in der Mehrzahl der Fälle nicht augenblicklich töten aber ein großes Trauma im Wildkörper erzeugen, kann auch dieser Sachverhalt nicht a priori als Argument gegen die Jagd mit Pfeil und Bogen vorgebracht werden. Bei schlechten Schüssen ist die Chance, dass das Wild die Wunde ohne Entzündungen und Wundfieber ausheilt, höher als bei vergleichbaren Kugelschüssen (sauberes Ausbluten, es werden weniger Verschmutzungen in die Wunde eingebracht).
Wilderei
Dieses Gegenargument wird nur bei großer Unwissenheit über die Eigenheiten der Jagd mit Pfeil und Bogen vorgebracht werden können. Studiert man nämlich die bescheidenen “Erfolgsquoten” der durchschnittlichen Bogenjäger so kann man erkennen, dass der Bogen aufgrund seiner Beschränkungen in der Reichweite und dem Bedarf langwieriger Übungszeit als Wildererwaffe denkbar ungeeignet ist. Selbst in den USA wo sowohl die Bogenjagd als auch die Wilderei sehr verbreitet sind, ist diese kein Argument gegen die Bogenjagd. Jeder Gewehrjäger kann mit der Behauptung, “der Schuss habe einem Fuchs gegolten”, weit mehr Wild wildern als er mit dem Bogen (auch bei großer Fertigkeit) jemals schaffen könnte. Außerdem wären selbst die mittlerweile großteils legalisierten technischen Verbesserungen wie leistungsfähige Schalldämpfer und Nachtsichtgeräte wohl probatere Mittel, um die Wilderei zu betreiben.
Warum ein Wilddieb unter solchen Voraussetzungen trotz geringer Erfolgsaussichten und hohem Risiko zum Bogen greifen sollte ist wohl nicht nachvollziehbar. Die von Zeit zu Zeit erscheinenden Presseberichte über verwundete Tiere mit im Tier steckenden Pfeilen sind in der Regel mit Scheibenpfeilen verübte Jagdwilderei. Kein Bogenjäger würde jemals solche Pfeile für den Schuss auf Wild verwenden. Eine ähnliche Situation würde sich bei der Verwendung von kleinkalibrigen Vollmantel-Scheibenprojektilen bei der Büchsenjagd auf Schalenwild ergeben. Deshalb darf man solche illegalen Aktivitäten nicht mit der modernen Bogenjagd in Verbindung bringen.
Verwundungsraten
Zu diesem Thema gibt es sowohl für die Büchsen- und Flintenjagd als auch die Bogenjagd wenig wissenschaftliches Material. Studien über die Bogenjagd aus den USA insbesondere aber auch eine Studie aus Dänemark belegen aber, dass mit ausgebildeten und geprüften Bogenjägern die Verwundungsraten eher nicht über jenen der Gewehrjäger liegen. Bei Riegel-, Drück- und Treibjagden (sowohl mit Flinte als auch Büchse) liegen die Verwundungsraten wahrscheinlich über jenen der Bogenjäger.
Altersklassenaufbau der Strecke
Durch die geringere Reichweite des Jagdbogens kommt in erster Linie sehr junges oder altes, geschwächtes und dementsprechend unvorsichtigeres Wild zur Strecke. Dadurch spiegelt der Bogenjäger die natürliche Sterblichkeit in naturbelassenen, von Menschen nicht beeinflussten Gebieten sehr gut wieder.
Sicherheit / Lärmbelästigung
Durch die geringere Reichweite ist die Gefahr durch das Fehlen eines geeigneten „Kugelfanges“ sehr gering oder gar nicht gegeben. Eine Lärmbelästigung ist durch den fehlenden Büchsenknall ausgeschlossen, was in Siedlungsnähe manchmal ein Vorteil sein kann. In einigen Bundesstaaten der USA wird in letzter Zeit in urbanen Bereichen wie z.B. Randsiedlungsgebieten, Parks, Friedhöfen etc. aus Sicherheitsgründen nur noch Pfeil und Bogen als Jagdwaffe zugelassen. Es muss nicht immer die Feuerwaffe mit Schalldämpfer sein, um z.B. eine unerwünschte Aufmerksamkeit bei der Bejagung von zu Schaden gehendem Wild zu vermeiden.
Hinsichtlich der Sicherheit überbietet der Bogen jedenfalls jede Feuerwaffe und unterliegt auch nicht den waffenrechtlichen Komplikationen von schallgedämpften Feuerwaffen.
Argumente aus jagdtraditioneller Sicht
Die Bogenjagd als Bereicherung der Jagd und Teil des Jagdkulturerbes
Die Bogenjagd kann als traditionelle Bereicherung der herkömmlichen Büchsen-/Flintenjagd gesehen werden, ergänzt diese aber in manchen Situationen auch sinnvoll (siehe Punkt Sicherheit). Auch bei der Falknerei wird niemand behaupten, dass sie zur Erfüllung der Abschusspläne notwendig ist. Dennoch genießt sie als traditionelle Jagdart zu Recht eine hohe Wertschätzung. Wenn man den Blick über Deutschland und Österreich hinausrichtet, kann man auch ohne Hintergrundwissen den aktuellen Praktiken der Jagdausübung entnehmen, dass folgende Jagdarten in der Jagdgeschichte elementar waren: Die Fallenjagd, die Bogenjagd, die Beizjagd und die Jagd mit Feuerwaffen.
Durch die Wiedereinführung der Jagd mit Pfeil und Bogen wären die geschichtlichen Wurzeln der Jagd in Mitteleuropa angemessen repräsentiert und praktiziert. Die Geschichte der Jagd hat auch bei uns nicht erst mit der Erfindung des Schießpulvers begonnen. Sich diesen Wurzeln zu verschließen würde bedeuten, einen Teil unserer jagdgeschichtlichen Entwicklung zu verleugnen.
Ansprechen neuer Zielgruppen
Mit der Bogenjagd könnte die Jägerschaft auch zusätzliche Gesellschaftsschichten ansprechen. Außerdem könnte die Jägerschaft mit der Diskussion über die Bogenjagd beweisen, dass sie neuen Ideen aufgeschlossen gegenübersteht und nicht in erstarrten Strukturen verhaftet ist. Die gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd ist in den letzten Jahren eher gefallen. Die Bogenjagd findet durch ihre Weidgerechtigkeit oft Zustimmung und Toleranz.
Wirtschaftliche Überlegungen
In Nordamerika gibt es über 3 Millionen Bogenjäger. Obwohl diese Ziffer nicht einfach auf Europa übertragbar ist, kann auch hier eine Legalisierung der Bogenjagd positive wirtschaftliche Aspekte für den Jagd- und Waffenhandel haben.
Weidgerechtigkeit
Die Jagd mit Pfeil und Bogen ist weidgerecht, weil sie das Wild in die Lage versetzt die eigenen überragenden Sinne zu nutzen, um sich dem Jäger zu entziehen. Bei der modernen Büchsenjagd mit den teils bereits extremen Reichweiten kann in vielen Bereichen das Wild dem Jäger nur durch Nachtaktivität „ausweichen“.
Über die Weidgerechtigkeit ist viel geschrieben worden und sie wird korrekterweise auch weiter diskutiert werden. An dieser Stelle ein Zitat aus dem Gebiet des Jagdrechtes:
“Danach erfordert die Beachtung der anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit bei der Jagdausübung … nur eine bestimmte Handlungsweise des Jägers zum Tier. Dazu gehört vor allem das weidmännische Gebot, dem Wild im Rahmen des Zwecks und des Ziels der Jagd ein Maximum an Chancen zu lassen”. (aus: Paul Leonhardt, Jagdrechtskommentar, 11.0)
Es ist unbestritten, dass für die Erfüllung der behördlichen Abschussverpflichtungen die Effektivität der modernen Feuerwaffen und Zieloptiken notwendig ist. Hubertus sei Dank pflegen wir Jäger aber auch in diesen „modernen“ Zeiten noch Jagdarten, die nicht nur rein dem Erfüllen behördlicher Auflagen dienen und unsere Verbundenheit mit jagdlicher Tradition und der Natur in seiner Gesamtheit ausdrücken. Auch die Jagd auf Wildarten, wo die Regulierung durch den Abschuss nicht notwendig ist, wird richtigerweise gepflegt. Wie die Falknerei fügt sich auch die Jagd mit Pfeil und Bogen in diesem Bereich gut in unsere gängigen Jagdausübungspraktiken ein, wobei gerade die Bogenjagd sehr wohl in manchen Bereichen die Jagd mit der Feuerwaffe „unterstützen“ könnte.
Trophäenjagd
Der manchmal vorgebrachte subtile Vorwurf der „Trophäenjagd (im negativen Sinne)“ könnte zusätzlich entkräftet werden, wenn auch Jagdarten gefördert werden würden, die jagdgeschichtlich und von den Nichtjägern eher mit der Funktion der Nahrungsbeschaffung in Zusammenhang gebracht werden als die moderne Büchsenjagd. Auch die Erlegung eines Herbstkitzes ist für den Bogenjäger ein besonderes Erlebnis und bedarf großer Fertigkeiten. In diesem Sinne fördert die Bogenjagd auch eine wohl angebrachte Bescheidenheit und Ehrfurcht vor jedem Stück Wild dem wir nachstellen.
Bogenjagd in Europa
In den meisten Ländern der Erde ist die Bogenjagd üblich und deswegen auch gesetzlich geregelt. Auch in Europa wird in vielen Ländern neben der Jagd mit Feuerwaffen auch die Bogenjagd ausgeübt. Dazu gehören unter anderem auch Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Ungarn. In Schweden läuft zurzeit eine staatlich beauftragte Untersuchung und es ist auch hier mit der Wiedereinführung der Bogenjagd zu rechnen. In manchen anderen Ländern ist die Jagd mit Pfeil und Bogen nicht eindeutig geregelt. Was spricht also gegen die Wiedereinführung der Bogenjagd in Deutschland und Österreich?
Im Prinzip nichts! Die in ihren jeweiligen Verbänden organisierten deutschen und österreichischen Bogenjäger sehen eigentlich nur einen Grund, warum bei uns Pfeil und Bogen als Jagdwaffe oft ablehnend behandelt wird: mangelndes Wissen über die Funktion und Wirkungsweise im jagdlichen Einsatz. Wir sind gerne bereit, hier aufklärend zu wirken.
Jetzt Mitglied werden!
Der Weltjagdverband C.I.C. hat bereits eine eigene Arbeitsgruppe zur Förderung der Bogenjagd in Europa eingerichtet, um diese traditionelle Jagdmethode ebenso zu fördern wie z.B. die Falknerei. Dazu gehört natürlich eine fundierte Ausbildung der Bogenjäger.